hortensj-garden.org

A tiny knowledge park.

Options
Brockhaus
Name a Antisemitismus*
ID b brhe•e15•v21•b•A•Antisemitismus
Category d entry
Attributes
PageID q p03200—p03300
Scan v Antisemitismus
Text w

Der Große Brockhaus, 15. Aufl., Ergänzungsband A—Z (1935), S. 32—33.

Antisemitismus. Im Deutschen Reich. Das nationalsozialist. Programm, die »25 Punkte«, verlangt, daß Staatsbürger nur sein kann, wer Volksgenosse ist; Volksgenossen sind aber nur Menschen deutschen Blutes, also keine Juden. Alle Nichtstaatsbürger sollen demnach unter Fremdenrecht gestellt werden und kein Amt bekleiden dürfen. Diese Forderungen waren der Rückschlag auf die starke ostjüd. Einwanderung seit 1914 und den starken geheimen und öffentl. Einfluß des Judentums in der Weimarer Republik. Zugleich waren sie aber getragen von dem Willen nach Volkserneuerung auf rassischer Grundlage; ihre Begründung fanden sie bes. in den Schriften Alfr. Rosenbergs. Nach der Machtübernahme durch Hitler am 30. Jan. 1933 setzte sofort eine Pressehetze und ein wirtschaftl. Boykott gegen das neue Deutschland in aller Welt ein, deren Träger vor allem das Judentum war; ein großer Teil führender deutscher Juden wanderte aus und schloß sich im Ausland dieser Hetze an. Als Antwort wurde am 1. April 1933 ein eintägiger Boykott aller jüd. Geschäfte im Reich durchgeführt. Durch das »Ges. zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« v. 7. April 1933 wurde bestimmt, daß Nichtarier nur dann Beamte bleiben dürfen, wenn sie Kriegsteilnehmer oder schon vor 1914 Beamte waren; für Ärzte und Rechtsanwälte traten gleiche Bestimmungen in Kraft (→ Arierparagraph, Bd. 21). Für höhere Schulen und Hochschulen wurde die Zahl jüd. Schüler mit dem Bevölkerungsanteil des Judentums in Einklang gebracht. Nach 1918 eingewanderten Juden kann die Staatsbürgerschaft wieder entzogen werden.
In der Tschechoslowakei kam es 1919 mehrfach zu Ausschreitungen gegen die Juden. — In Rußland werden die auch heute noch im Volk vorhandenen starken antisemitischen Strömungen von der bolschewistischen Partei als verkappte Gegenrevolution bekämpft, obgleich gerade die Führer der Linksopposition gegen den herrschenden Kurs Stalins (Trotzkij, Sinowjew) Juden sind. — In Rumänien sind die Anhänger des Prof. Cuza und die → Eiserne Garde (Bd. 21) Träger der antisemitischen Bewegung. — In Polen besteht an Schulen und Universitäten tatsächlich, wenn auch nicht rechtlich, ein Numerus clausus für den sehr starken jüd. Bevölkerungsanteil, der eine eigene Vertretung im Parlament besitzt. Vor allem die seit 1926 in Opposition stehende Nationaldemokrat. Partei ist antisemitisch gesinnt.
In Frankreich finden sich in den jungen nationalistischen Verbänden starke antisemitische Bestrebungen. — In England wurde im 19. Jahrh. die Opposition gegen den jüd. Ministerpräsidenten Lord Beaconsfield (Disraeli) antisemitisch unterbaut. Im Weltkrieg trieben die Schriftsteller G. K. Chesterton und Hilaire Belloc antisemitische Propaganda; 1918 wurde eine eigene Organisation »The Britons« gegründet. Die faschistische Schwarzhemdenbewegung Mosleys bekennt sich zum A. — In den Vereinigten Staaten von Amerika bestand schon vor dem Weltkrieg ein starker gesellschaftl. A. An einzelnen Hochschulen besteht noch jetzt tatsächlich ein Numerus clausus für Juden. Nach dem Weltkrieg stellte sich der Großindustrielle Henry → Ford (Bd. 6) an die Spitze der antisemitischen Propaganda, bis er 1927 durch wirtschaftl. Schwierigkeiten zum Rückzug gezwungen wurde. Der Geheimbund → Kuklux-Klan (Bd. 10) setzte sich neben der Bekämpfung der Neger auch die der Juden zum Ziel. Das Einwanderungsges. v. 1921—24 suchte die Einwanderung aus Ost- und Südeuropa zugunsten der german. Einwanderer zu verringern und ließ die jüd. Einwanderung auf ein Zehntel herabsinken.
References x
ten Boom: Die Entstehung des modernen Rasseantisemitismus (1928); H. F. K. Günther: Rassenkunde des jüd. Volkes (2. Aufl. 1930); W. Frank: Nationalismus und Demokratie im Frankreich der Dritten Republik (1933); Müller-Walbaum: Judentum und Führertum (1933); W. Grau: A. im späten Mittelalter. Das Ende der Regensburger Judengemeinde 1450 —1519 (1934); Schmahl und Seipel: Entwicklung der völkischen Bewegung in Hessen (1934).

Requested by 18.226.187.199 at 2024-04-25 19:32:46 Europe/Berlin.

About