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Brockhaus
Name a Bürgerliches Drama
ID b brhe•e15•v21•b•B•Bürgerliches_Drama
Category d entry
Attributes
PageID q p15600
Scan v Bürgerliches Drama
Text w

Der Große Brockhaus, 15. Aufl., Ergänzungsband A—Z (1935), S. 156.

Bürgerliches Drama, Bezeichnung für das Drama, das sich aus der seelischen, sittlichen und gesellschaftl. Wesensart des Bürgertums heraus entwickelte, als dieses im 18. Jahrhundert zur führenden Gesellschaftsschicht wurde. Das B. D. überwand die in der Renaissance, vor allem aber in der Zeit des Absolutismus herrschende, bis Gottsched wirksame Ansicht, daß Bürger nur im Lustspiel als Hauptgestalten auftreten könnten (Scaliger, Mesnardière, Boileau). Der Bürger konnte nun auch Held des ernsthaften Stücks, der Tragödie, werden. — Die Entwicklung des B. D. setzte mit der Wandlung der Komödie ins Ernsthafte und Sentimentale ein; am Anfang steht in Frankreich die comédie larmoyante (Destouches und Nivelle de la Chaussée), die dann nach Deutschland als »weinerliches Lustspiel« überging (Gellert). Von Einfluß war auch das Familienschauspiel Diderots, in dem die bürgerl. Sittlichkeit ernst und ohne Pathos dargestellt wird. In Deutschland entwickelte sich dieses Schauspiel dann zum Familienrührstück der Großmann, Schröder, Iffland und Kotzebue. — Bürgerl. Weltgefühl in der Tragödie formte zuerst England. 1731 erschien »The London merchant« von G. Lillo. Davon ging Lessing aus, als er 1755 in »Miß Sara Sampson« die erste deutsche bürgerl. Tragödie schuf. Ihm folgten die Trauerspiele J. W. von Brawes und die »Lucie Woodvil« J. G. Pfeils. Eine letzte Steigerung ins Heroisch-sittliche auf bürgerlicher Grundlage gab Lessing in »Emilia Galotti«. Seine Schöpfung ist auch die Theorie des B. D. in Deutschland. Der Sturm und Drang behandelte mit Vorliebe tragische Auseinandersetzungen des Bürgertums mit Angehörigen höherer Gesellschaftsschichten (Gretchentragödie, Schillers »Kabale und Liebe«, Lenz’ »Soldaten«). Nachdem im Hochklassizismus und in der Romantik die bürgerliche Fragestellung zurückgetreten war, gab ihr der Realismus bemerkenswerte dramatische Formung in Hebbels »Maria Magdalena«. Im Naturalismus wurde dann die bürgerl. Welt im Drama z. T. durch die Welt des Arbeitertums abgelöst.
References x
H. Hettner: Das moderne Drama (1851); A. Sauer: J. W. von Brawe (1878); J. W. Wetz: Die Anfänge der ernsten bürgerl. Dichtung des 18. Jahrh. (1885); A. Eloesser: Das Bürgerl. Drama (1898): A. Stiehler: Das Ifflandische Rührstück (1898); J. Block: Lessing und das bürgerl. Trauerspiel (Ztschr. für den deutschen Unterricht, Jahrg. 18, 1904); A. Kunze: Lillos Einfluß auf die engl. u. deutsche Lit. (Magdeburger Progr., 1911); O. Walzel: Das bürgerl. Drama (Vom Geistesleben alter und neuer Zeit, 1922); W. 「Clara」 Stockmeyer: Soziale Probleme im Drama des Sturm und Drangs (1922); H. Ulmann: Das deutsche Bürgertum in deutschen Tragödien des 18. und 19. Jahrh. (1923); A. Schauer: Bürgerl. Drama und Rührstück (im Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, hg. von Merker und Stammler, 1925—29); K. Holl: Weinerliches Lustspiel (das., Bd. 3, 1928/29); F. Brüggemann: Die Anfänge des bürgerl. Trauerspiels in den fünfziger Jahren (Deutsche Literatur, hg. v. H. Kindermann, Reihe Aufklärung, Bd. 9, 1934).

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