Der Große Brockhaus, 15. Aufl., Ergänzungsband A—Z (1935), S. 32.
Anthroposophie [grch. ›Weisheit vom Menschen‹], Weltanschauung, begründet von Rudolf →
Steiner (Bd. 18) als »Erkenntnisweg, der das Geistige im Menschenwesen zum Geistigen im Weltall führen möchte«. Sie will das in der abendländ. Naturwissenschaft errungene Denken zur Fähigkeit geistigen Wahrnehmens steigern, indem sie den in diesem Denken tätigen freien Willen schult. Ihr Ziel ist eine neue Vereinigung von Wissenschaft, Kunst und Religion im Denken, Fühlen und Wollen des höhern Selbst jedes einzelnen Menschen. Sie gliedert den Menschen um seinen Ich-Kern gemäß seinem Teilhaben an den sinnlich-natürlichen Reichen (mineral., pflanzl., tier.) und den übersinnlich-geistigen Welten (seelischen, niederen und höheren geistigen) und betrachtet Geburt und Tod als Ereignisse in der Kette wiederholter Erdenleben. — Zur Pflege der A. auf allen Lebensgebieten wurde von Rudolf
Steiner die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft »Goetheanum« (Dornach, Schweiz) und als ihr Träger die
Anthroposophische Gesellschaft gegründet, eine »Vereinigung von Menschen, die das seelische Leben im einzelnen Menschen und in der menschl. Gesellschaft auf der Grundlage einer wahren Erkenntnis der geistigen Welt pflegen wollen«. Das Goetheanum gliedert sich in Fachsektionen. Weitere Gründungen: Wochenschrift »Das Goetheanum«; Philosophisch-Anthroposophischer Verlag; Rudolf Steiner- (Waldorf-) Schulen in verschiedenen Ländern; Laboratorien; landw. Versuchsring für biologisch-dynamische Wirtschaftsweise u. a. (→ Christengemeinschaft, Bd. 4.)